Ungewissheit im Königreich Tonga

Ungewissheit im Königreich Tonga

2023, Blauwasserleben, Liegeplätze, Sicherheit, Landausflüge, Tonga
Das Warten auf das richtige Wetterfenster nach Neuseeland wird zur schrecklichen Zitterpartie in Tonga.

Das Königreich

Heute beginnt die offizielle Zyklon Saison im Südpazifik und wir sind noch mittendrin im Zyklon Gebiet! Gestern erst sind wir in Tonga angekommen und hoffen, bald die Strecke nach Neuseeland im Kielwasser zu lassen. Denn diese Strecke hat es in sich. Schon viel haben wir davon gehört und gelesen und zwar nicht nur Gutes. Viele erleben diese Strecke als sehr mühsam mit unbeständigem Wind, starkem Wind und Wellen. Oft auch auf die Nase, was der Fahrtensegler nicht liebt. Und auch ganz neu wissen wir, dass welche vor Neuseeland abgeborgen werden mussten, da sich der erste Zyklon der Saison - der sich erlaubt hat schon vor der Saison seiner Bahn zu ziehen – mit einem Tiefdruckgebiet aus dem Westen kombiniert und fürchterliche Bedingungen erzeugt hat.

So heisst es also fortan intensiv die Wettervorhersagen zu studieren und zu interpretieren, um das für uns richtige Wetterfenster zu finden. Es ist nicht ganz einfach, weil diese Strecke für uns mindestens 10 Tage dauern wird und eine Vorhersage nur etwa 3-4 Tage verlässlich ist. Zudem können meist von Westen her schnell Tiefdruckgebiete aufziehen.

Heute fahren viele im Ankerfeld los und wir wundern uns ein wenig, denn wir sehen kein gutes Wetterfenster, uns hat es zu viel Wind. Zudem sind wir erst angekommen und möchten gerne einen Eindruck von Tonga erhalten.

So fahren wir heute vom Ankerplatz Pangaimotu mit dem Dinghi nach Nuku’alofa, der Hauptstadt von Tonga, was sich etwas zieht und eher von der feuchten Sorte ist, denn die Strecke ist ganz ordentlich lang und es gibt kleine Wellen.

koenigreich-tonga-datumsgrenze-kasino

Wir machen uns auf um eine Erkundungstour durch die Stadt unter die Füsse zu nehmen. Dabei fällt uns auf, dass es sehr viele Kirchen gibt, wobei einige am zerfallen sind und andere wunderbar gepflegt werden. Es wird schnell deutlich, dass die Tongaer sehr religiös sind. Auch stelle ich fest, dass ich oft gemustert werde, da ich keinen Rock anhabe, der über die Knie geht. Die Kleidung hier ist eher konservativ und oft auch noch traditionell. So sehen wir einige, die mit dem Lavalava (Wickelrock) bekleidet sind oder sogar mit der zeremoniellen Kleidung Taʻovala.

koenigreich-tonga-aelteste-kirche

koenigreich-tonga-kathedrale

koenigreich-tonga-neue-kirche

Das Königsreich Tonga ist eine parlamentarische Monarchie wo dem König noch grössere Befugnisse eingeräumt werden und der Respekt vor der königlichen Herrschaft noch existiert. So wollen wir natürlich den Königspalast sehen und spazieren an diesem vorbei. Doch in dessen Nähe gelangt man nicht, zu viele Wachen sind überall positioniert oder Zäune verhindern das Näherkommen.

Später kommen wir noch an den Gräber der ehemaligen Könige vorbei.

koenigreich-tonga-allan-koenigspalast

koenigreich-tonga-koenigspalast-hintereingang

koenigreich-tonga-grab-der-koenige

Überall finden wir noch Spuren der Verwüstung des Tsunamis, der vor anderthalb Jahren im Januar 2022 auf Tonga traf. Die massiven Eruptionen des Hunga Tonga-Hunga Haʻapai haben eine gewaltige Welle ausgelöst, die vieles zerstört und leider auch Menschenleben gefordert hat. Wir erleben selbst traurige Schicksale, die damit verbunden sind. Doch sehen wir auch, dass sie, mit ihren oft geringen Mitteln, das Beste daraus machen und ihr Zuhause und Geschäft wieder versuchen aufzubauen.

koenigreich-tonga-tsunami-zerstoertes-haus

Gegen Ende unseres Rundganges gibt es zur Abkühlung einen leckeren Frappuccino im Friends Café. Und kurz vor dem Dinghi Dock erfreuen wir uns an den Marktständen der Strasse entlang, wo wir uns mit frischem Obst und Gemüse eindecken. Diesen kleinen Mark besuchen wir heute sicher nicht zum letzten Mal.

koenigreich-tonga-allan-frappuccino

koenigreich-tonga-marktstand-bananen

koenigreich-tonga-marktstand-melonen

Es geht los…

Es dreht sich alles um die Vorbereitungen für die Überfahrt nach Neuseeland. So packe ich auch unser Ölzeug aus, das nun 4 Jahre eingepackt und weggeräumt war. Es ist zum Glück nicht verschimmelt, doch trotzdem unterziehe ich es einem Spülgang und lasse es auslüften. So ganz lecker riecht es ja nicht…

koenigreich-tonga-oelzeug-auslueften

Auch reinigen wir das Unterwasser, gehört es doch zu den heiss diskutierten Themen, wie man in Neuseeland einzureisen hat. Da gibt es nämlich einige Punkte, die dringend beachtet werden müssen. Dazu gehört, dass nicht alle Lebensmittel eingeführt werden dürfen, wie beispielsweise Fleisch oder Honig und dass das Unterwasser am Schiff ganz sauber sein soll.

Also heisst es für uns heute ab ins Wasser und putzen, was das Zeug hält. Denn es zeichnet sich ganz zaghaft ein Wetterfenster ab, das wir vielleicht nutzen wollen.

Die nächsten Tage beginnt sich das Wetterfenster zu festigen, es scheint als stünde eine mittelstark windige Passage mit gutem Wetter bevor. So machen wir uns auf und gehen zum Ausklarieren, machen einen letzten Einkauf und bereiten uns und meerla auf die Überfahrt vor.

koenigreich-tonga-nelly-ausklarieren

Wir sind absolut startklar, Dinghi auf Deck, alles festgezurrt und am Morgen wollen wir bei der Wetterprognose, die jeweils um 9 Uhr aktualisiert wird, einen  letzten Check vornehmen.

Und es kommt, wie wir uns das nicht erhofft haben, wir brechen unseren Aufbruch ab!

Es zeigt sich in der neusten Prognose ein Tief im Nordwesten, das ein potentieller Zyklon werden könnte. Das wollen wir nicht riskieren, den in unserem Nacken zu haben oder sogar in dessen Zugbahn zu geraten. Zu unsicher ist die Prognose und der Entscheid fällt uns nicht leicht. Denn was ist, wenn das wirklich ein Zyklon wird und der hier nach Tonga kommt? Wäre es dann besser gewesen, wir würden unterwegs sein?

Nein, hier haben wir im allerschlimmsten Fall Land, wo wir unser Leben schützen können. Also bleiben wir und beobachten die Prognosen.

Zitterpartie

Die nächsten Tage drehen sich nur ums Wetter. Es wird schnell klar, dass sich das Tief mindestens zu einem tropischen Sturm entwickelt und die Zugbahn nördlich von uns ist. Wir spüren die Wetterveränderung und es gibt aktuell sehr viel Regen.

Nach ein paar Tagen ist klar, so schnell kommen wir von hier nicht weg und wir sind ja ausklariert. Wir müssen also zur Behörde und schauen, ob wir wieder einklarieren können. Weil es so in strömen regnet und das befreundete Schiff Beata Maria dasselbe Problem hat, gehen Allan und Patrick zusammen ins Office, wo einfach unsere Ausklarierungspapiere zerrissen werden und der Ausreisestempel im Pass durchgestrichen wird. So einfach sind wir wieder offiziell in Tonga.

koenigreich-tonga-allan-ruekkehr-einklarieren

Allan kommt zurück und ist übersät mit schwarzen Krümeln von seinem Ölzeug. Dieses löst sich offenbar komplett auf und er ist nass bis auf die Unterhose. Unser teures Ölzeug ist also wertlos geworden. Schade, das tropische Klima zerstört vieles, auch vermeintlich super funktionale Kleidung.

Die Tage sind geprägt von dem intensiven Studium der Wettervorhersage und dem Austausch mit Shirin und Patrick von der Beata Maria. Denn die Prognose hat sich zu unseren Ungunsten geändert. Die Prognose schildern den für uns schlimmsten Fall, dass sich das Tief zu einem Zyklon auswächst und genau in unsere Richtung zieht. Mit dieser Vorstellung kann ich nicht gut umgehen. Das macht mir Angst. Wir diskutieren stundelang, was zu tun ist. Wo können wir hin, wo sollen wir hin? Einfach nur abwarten und hoffen, dass sich die Prognosen noch ändern? Wie schnell kommen wir hier weg, wann wäre der letzte Zeitpunkt um von hier zu flüchten? Und hätten wir dazu auch den nötigen Wind? Wieviel Diesel haben wir, was wäre unter Motor unsere Reichweite? Wäre der Hafen -sofern sie uns dann reinlassen würden - wirklich Schutz oder die noch grössere Gefahr? Was, wenn es uns hier trifft, würden wir auf dem Schiff bleiben oder würden wir meerla am Anker dem Schicksal überlassen?

koenigreich-tonga-cyclon-mal-erste-zugbahn

Es sind bange Tage und eine absolut schreckliche Zeit. Es ist einfach nur furchtbar diese Vorstellung, was da auf uns zukommt. Und in dieser Zeit entwickelt sich das Monster nordwestlich von Fiji. Für mich ist diese Belastung der Ungewissheit so gross, dass ich an nichts anderes denken kann. Und meine blühende Phantasie sieht meerla schon dem Sturm trotzend am Anker zerrend wild über die Wellen reiten…

Inzwischen ist das Tief zu einem Zyklon geworden mit dem Namen Mal und zieht – zum Glück für uns - weiter Süd ostwärts. Nach einigen Tagen des Zitterns zeichnet es sich endlich ab, dass der Zyklon südwestlich an uns vorbeiziehen wird, doch leider trifft er in diesem Moment Fiji.

Erleichterung kommt auf aber wir beobachten natürlich trotzdem noch weiter, ob es nicht plötzlich eine Änderung gibt.

koenigreich-tonga-cyclon-mal-finale-zugbahn

Entspannung

Nach dem der Zyklon Mal - zum Glück – mit Abstand an Tonga vorbeigezogen ist, beruhigt sich das Wetter langsam und wir brauchen nun viel Geduld. Denn nun muss sich zuerst das Wetter und die Wellen wieder beruhigen, bevor wir auch nur daran denken können uns auf den Weg nach Neuseeland zu machen.

Mit der Besserung des Wetters ist es uns auch wieder möglich an Land zu fahren und so gibt es einen Frappuccino, der mein stark strapaziertes Gemüt wieder aufheitert.

koenigreich-tonga-nelly-frappuccino

12 Tage nach dem ersten Ausklarierungsversuch zeichnet sich ein leichtwind Wetterfenster ab, das wir nutzen wollen und gehen an Land um den Papierkram zu erledigen.

Natürlich hoffen wir dieses Mal, dass wir nicht wieder ausgebremst werden. Zumindest nicht durch einen Sturm, dann doch noch lieber durch eine Flaute.

koenigreich-tonga-dinghis

Wir machen uns und meerla wieder bereit für die Überfahrt und freuen uns, dass es nun los geht. Denn schon lange träumen wir davon, dass wir in Neuseeland in der Hafenbox drinstehen und diese schwierige Strecke hinter uns haben.

koenigreich-tonga-nelly-letzte-dusche

So gibt es ein letztes Bad im Meer und die letzte Dusche draussen am Heck für einige Zeit.
Neuseeland wir kommen…

Gefällt dir dieser Logbucheintrag? Dann unterstütze unsere Arbeit mit einer kleinen Spende. Wir freuen uns sehr darüber!

Wir verwenden Cookies, um unsere Webseite nutzerfreundlich zu gestalten, sie fortlaufend zu verbessern und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen findest du in unserer Datenschutzerklärung.