Geschichtsträchtiges Waitangi und Russell

Aotearoa

Wir liegen in der Bay of Island, die einige sehr geschichtsträchtige Orte von Neuseeland verbindet. Neuseeland, das übrigens in der Māori-Sprache Aotearoa heisst und «Land der langen weissen Wolke» bedeutet.

Auch gibt es hier in der Bay sehr viele Austernzuchten. Diese Oyster Farmer begegnen uns täglich hier in der Marina. Sie kommen genau gegenüber von unserm Bug mit ihren Plattformen an, laden ihre wertvolle Fracht aus und ziehen mit einer nach Fisch stinkenden Fahne wieder davon. Die meisten von ihnen sehen in unseren Augen wie Māoris aus. Wir riechen sie nicht nur, wenn sie hier sind, wir hören sie auch lautstark. Es herrscht immer ein fröhliches Schnattern und Lachen. Beim Vorbeigehen grüssen wir sie und sie grüssen fröhlich zurück. Doch das ist leider nicht bei allen so, wie wir traurig feststellen müssen.

Wir beobachten an unterschiedlichen Orten, wie es «weisse» Menschen gibt, die den Māoris demonstrativ aus dem Weg gehen. So demonstrativ, dass es jeder sieht, also die Māoris auch spüren.
Wir wollen etwas mehr darüber erfahren, warum heute noch solche Konflikte vorhanden sind. Denn grundsätzlich erleben wir alle in Neuseeland wohnende Menschen als sehr freundlich und hilfsbereit.

Waitangi Treaty Grounds

Wir fahren heute zu Waitangi Treaty Grounds und gehen als erstes mit einer geführten Tour mit. Der Eintritt kostet 60NZD pro Person und ist für zwei Tage innerhalb einer Woche gültig.

Ein junger Māori führt uns herum und gibt uns viele interessante Informationen weiter. Der Weg führt uns durch üppig grünen Wald zu dem weltgrössten Waka. Wakas sind die Kanus der Māoris und dieses ist über 35 Meter lang. Es wurde 1940 für ein Jubiläum erstellt und hat den simplen Namen Ngātokimatawhaorua. Danach lag es etwas brach und wurde 1974 restauriert. Seither wird es jedes Jahr zum Waitangi-Tag zu Wasser gelassen.

Unsere Tour geht weiter zum Fahnenmast. Hier wurde 1834 die erste Flagge von Neuseeland gewählt und später gehisst (auf dem Foto die Linke).

Wir gelangen zum Treaty House, das in Sydney aus australischem Holz gefertigt und 1834 nach Neuseeland verschifft wurde. 1835 begann in diesem Haus James Busby die Unabhängigkeitserklärung zu schreiben. Sie wurde den Māori Häuptlingen des Nordens vorgelegt und weiter verfeinert. Der Vertrag von Waitangi erhielt hier seinen letzten Schliff und wurde dann am 5. Februar 1840 den Häuptlingen verlesen. Unterschrieben hatten nur einen Teil der Häuptlinge, der Vertrag ging dann weiter über die Inseln für die Unterschriften.

Das Treaty House war lange im Familienbesitz, bis es dann vernachlässigt wurde. Im Rahmen des Kaufs dieser Ländereien wurde das Gebäude 1933 restauriert und alles als Geschenk an das Neuseeländische Volk übergeben. Die ganze Anlage soll als nationale Gedenkstätte für den Vertrag der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Und so ist es heute noch.

Wir werden weiter geführt zum Te Whare Runanga, wo wir einer Zeremonie beiwohnen dürfen.

Das Te Whare Runanga wurde am 6. Februar 1940, zum hundertjährigen Gedenken an die Unterzeichnung des Vertrags von Waitangi, eröffnet. Es steht genau gegenüber dem Treaty House. Die beiden Gebäude symbolisieren die Partnerschaft zwischen den Māori und der britischen Krone.

Dieses wunderschöne Versammlungshaus widerspiegelt die Geschichte der Māori und die Schnitzstile aller iwi (Stämme) von Neuseeland und soll alle Neuseeländer vereinen.

Das Gebäude selbst wird als ausgestreckter Körper gesehen, wobei die Spitze des Daches an der Vorderseite des Hauses den Kopf des Ahnen darstellt. Der Hauptfirstbalken stellt das Rückgrat dar, die diagonalen Balken, die aus dem Dach herausführen, sind die Arme und die unteren Enden der Balken teilen sich und stellen die Finger dar. Im Inneren stellt der mittlere Balken das Herz dar, die Dachsparren spiegeln die Rippen des Vorfahren wider, und das Innere ist die Brust und der Bauch des Vorfahren.

Die Zeremonie beginnt aussen und die Māori kommen aus dem Gebäude um uns Fremde zu begrüssen. Wir bestimmen einen Sprecher, der für uns die Māoris bittet, dass wir reingelassen werden.

Wir dürfen in das Versammlungsgebäude hinein und unser Sprecher hält seine Rede. Offenbar macht er das gut, denn wir dürfen bleiben und die Māoris bieten uns eine Geschichte in Form von Tanz und Gesang, einen Kapa Haka.

Leider haben wir nur die Aussenzeremonie auf Film, da innen das filmen verboten ist, was wir natürlich respektieren. Geniesst dafür das Foto, wir geniessen den ganzen Kapa Haka.

Unsere Führung ist zu Ende und wir schlendern noch durch die zwei Museen, die sehr viel über die Zeit um den Vertrag herum und was nachher folgte erzählt. Es ist nicht schön, was wir da alles erfahren. Trotz Vertrag wurden den Māoris das Land weggenommen, es herrschten viele Kriege, sowohl unter den Māoris, wie auch zwischen ihnen und den von Europa kommenden Siedlern.

Russell

Heute ist ein wunderbarer Tag und wir machen einen Ausflug nach Russell. Dieser historische Ort befindet sich auf einer Landzunge in der Bay of Islands. Wir könnten mit der Fähre von Opua nach Okiato übersetzen, dann wären wir rasch in Russell. Doch wir wählen den Landweg, der uns weit im Süden um die Bucht fahren lässt, durch wunderschöne Landschaft und über eine unbefestigte Strasse.

Russell war bis Ende des 18. Jahrhunderts eine Siedlung der Māori und hiess Kororāreka. Danach folgten Händler und Walfänger, die dort eine Siedlung errichteten, da es über einen idealen natürlichen Hafen verfügte. Dieses erste Handelszentrum von Neuseeland wuchs schnell und wurde zu Ehren des englischen Premiers Lord John Russell auf den heutigen Namen umbenannt. Nach der Unterzeichnung des Waitangi Vertrages wurde Russell für sehr kurze Zeit zur Hauptstadt von Neuseeland. Doch noch im selben Jahr hat sie diesen Status an Auckland verloren und es brachen Kriege aus.

Heute ist es ein kleiner Ort im viktorianischen Stil, insbesondere im Hafengebiet.

Wir besuchen die Polizeistation, welches die kleinste von Neuseeland ist, sehen uns das Duke of Marlborough Hotel an und flanieren dem Ufer entlang mit dem alten Pier. Wir treffen auf alte Kanonen und alte, mächtige Bäume.

Es ist ein hübscher, historischer Ort, doch für uns ist es Zeit zurück zu fahren. Denn, obwohl Russell nicht weit von uns weg ist, ist es mit dem Auto eine lange Strecke um die Meeresarme der Bay of Islands herum.

Viele Gedanken gehen uns von diesen geschichtsträchtigen Orten durch den Kopf und die noch heute bestehenden Konflikten zwischen der indigenen und ehemals europäischen Bevölkerung...